Unvorbereitete EU, Putin-freundliche USA: Öffnet sich ein Zeitfenster für Russland?
Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations war im Podcast des European Resilience Initiative Center zu Gast.
Hier die Zusammenfassung von Claude:
Russlands eigentliches Ziel ist nicht nur die Eroberung der Ukraine, sondern die dominante Militärmacht in Europa zu werden, die "die Regeln setzt" und "die Ordnung bestimmt". Die Ukraine ist eine Voraussetzung für dieses größere Vorhaben.
Er glaubt, dass Russland eine Einflusssphäre in Europa etablieren, die NATO-Erweiterung rückgängig machen und den amerikanischen Einfluss vom Kontinent entfernen will.
Dr. Gressel warnt, dass Russland nach einem Erfolg in der Ukraine wahrscheinlich die Entschlossenheit des Westens testen wird, indem es potenziell andere Länder angreift, beginnend mit "isolierten Strafaktionen" unter Einsatz "maximaler Gewalt besonders gegen die Zivilbevölkerung, um den Rest einzuschüchtern".
Er hebt Russlands bedeutende militärische Fähigkeiten hervor: Auf dem Höhepunkt wurden 650.000 Soldaten in der Ukraine mit 3.400 Panzern, 7.000 Schützenpanzern, 5.000 Artilleriegeschützen und 2.000 Mehrfachraketenwerfern eingesetzt.
Der Experte stellt fest, dass europäische Streitkräfte viel weniger vorbereitet sind als die ukrainischen, ihnen die Kampfbereitschaft fehlt und sie Schwierigkeiten hätten, sich schnell an moderne Kriegstaktiken wie die Drohnenkriegsführung anzupassen, die Russland entwickelt hat.
Dr. Gressel sieht bei der russischen Militärführung eine "Arroganz gegenüber Europäern", ähnlich ihrer Arroganz gegenüber Ukrainern vor 2022, was sie trotz potenziellen Widerstands zu einem Angriff verleiten könnte.
Er betont das Zeitproblem: Russland könnte angreifen, während Europa noch versucht, seine militärischen Kapazitäten aufzubauen, und sich entscheiden, "jetzt zuzuschlagen" anstatt auf europäische Verteidigungsreformen zu warten.
Er warnt, dass osteuropäische Länder wie Polen und die baltischen Staaten zurückschlagen würden, aber einige Länder (er deutet an, dass Deutschland darunter sein könnte) weniger bereit wären, Widerstand zu leisten.
Dr. Gressel sieht die aktuellen Sabotageakte in ganz Europa als Vorboten eines möglichen konventionellen Krieges.
Seine Lösung ist dreifach: Erhöhung der Unterstützung für die Ukraine, weil es "der entscheidende Krieg ist, der bestimmt, ob wir einen viel größeren Krieg in Europa haben werden", Stärkung der europäischen Verteidigungs- und Nachrichtendienstfähigkeiten und Ausübung von Druck auf Russland und unkooperative Verbündete durch wirtschaftliche und rechtliche Konsequenzen.Gus
Was sagt er dazu, dass Europa ja deutlich reicher ist als Russland, die Industrie stärker ist und die Bevölkerung viel größer ist?
Er argumentiert, dass der Unterschied nicht in der potenziellen wirtschaftlichen oder militärischen Gesamtstärke liegt, sondern in der Bereitschaft. Russland ist bereits auf Kriegsfuß und hat seine Wirtschaft auf Kriegsproduktion umgestellt, während Europa noch im "Friedensmodus" ist.
Dr. Gressel erklärt, dass Europa zwar theoretisch stärker sein könnte, aber Zeit braucht, um seine Produktion und Verteidigungskapazitäten hochzufahren. Er sagt: "Europa ist sehr gut im Reden, aber nicht sehr schnell im Handeln."
Er weist darauf hin, dass die europäischen Länder Schwierigkeiten hätten, eine NATO-Eingreiftruppe von 300.000 Soldaten zusammenzustellen, während Russland bereits bis zu 650.000 Soldaten im Einsatz hatte.
Er erwähnt die "Arroganz" der russischen Führung gegenüber Europa, die ähnlich sei wie ihre frühere Unterschätzung der Ukraine. Diese könnte sie zu der Einschätzung führen, dass sie trotz objektiver Nachteile erfolgreich sein könnten.
Er betont, dass viele europäische Streitkräfte nicht kampfbereit sind, ihnen Material fehlt und sie seit langem nicht mehr geübt haben, während Russland Kampferfahrung in der Ukraine sammelt.
Dr. Gressel spricht über das Zeitfenster: Russland könnte zuschlagen, während Europa noch versucht, seine Verteidigung zu verstärken, nach dem Motto "hit now" statt zu warten, bis Europa besser vorbereitet ist.
Zum Zeitfenster passt auch, dass eine nächste US-amerikanische Regierung Russland vielleicht wieder weniger positiv gestimmt ist.
Hier das ganze Gespräch:
Beunruhigende Zeiten, wir sollten uns auf das Schlimmste vorbereiten.
Das ist auch deshalb sinnvoll, weil Vorbereitung die Wahrscheinlichkeit für einen Krieg reduziert.
Hier eine ähnliche Einschätzung von deutschen Experten aus 2024, die aber davon ausgehen, dass Russland nach dem Ukraine-Krieg sechs bis zehn Jahre braucht, um für einen nächsten Krieg vorbereitet zu sein:
6 Jahre nach dem Ukraine-Krieg könnte Russland wieder kriegsfähig sein - DGAP
“Den nächsten Krieg verhindern” heißt die Arbeit der DGAP, die ich hier kurz zusammenfasse.