Zur militärischen Abschreckung gehören auch bessere Tunnel, Straßen und Schienen
Die Verteidigungspläne des Bündnisses für den Fall eines russischen Angriffs an der Ostflanke sehen große Truppen- und Materialverlegungen über den Atlantik vor. Anschließend müssen Soldaten und Fahrzeuge aber noch quer durch Europa nach Osten verlegt werden.
Das Zauberwort in diesem Zusammenhang heißt „Militärische Mobilität“ (Military Mobility). Dem Thema ist auch im neuen EU-Weißbuch zur „europäische Verteidigungsbereitschaft 2030“ aus dem März 2025 ein eigenes Kapitel gewidmet. Es geht darum, eine rasche und nahtlose Bewegung von militärischem Personal und Material kurzfristig und in erheblichem Umfang sicherzustellen. Und zwar zur See, in der Luft, auf Schienen und Straßen. Militärtransporte sind in der Regel schwer und groß. Vielerorts ist deshalb die Verstärkung von Straßen- und Eisenbahnbrücken für eine höhere Nutzlast notwendig, sowie die Verbreiterung oder Erhöhung von (Eisenbahn-)Tunneln. Darüber hinaus müssen Häfen- und Flughäfen modernisiert und sogenannte Überholgleise gebaut werden.
Derartige Projekte werden auf europäischer Ebene gezielt gefördert, mit erhöhtem Nachdruck und zusätzlichen Mitteln seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022. Deutschland fällt dabei als Logistikknotenpunkt im Herzen Europas eine entscheidende Rolle zu. Hierzulande soll deshalb besonders die Bahninfrastruktur optimiert werden. Etwa durch den Aufbau des sogenannten 740-Meter-Netzes zwischen Nord- und Ostsee, das den Verkehr von Güterzügen mit 740 Meter Länge ermöglicht. In vielen europäischen Ländern gibt es ähnliche Projekte, insbesondere im Osten der EU. In Estland etwa soll ein Projekt mit rund 32 Millionen Euro Fördergeld die größte Militärbasis Tapa besser an das Schienennetz anbinden.
Sie sind Teil einer glaubwürdigen Abschreckung, die einen Feind – sprich Russland – vom Angriff abhalten soll. Denn Moskau klärt die militärischen Möglichkeiten des Gegners gezielt auf. Nur tatsächliche Vorbereitungen signalisieren also echte Verteidigungsbereitschaft.
Es gibt viel zu tun:
Für Genehmigungen für grenzüberschreitende Bewegungen fordert ein nicht genannter EU-Mitgliedstaat demnach eine Ankündigung 45 Tage im Voraus. „Kampfpanzer aus einem Mitgliedstaat erhielten keine Genehmigung, durch einen anderen Mitgliedstaat zu fahren, da ihr Gewicht die in den Straßenverkehrsordnungen festgelegte Beschränkung überschritt.“ Außerdem habe schweres militärisches Gerät aus einem EU-Mitgliedstaat eine Militärbasis in einem anderen Mitgliedstaat nicht erreichen können, da auf einer Brücke, die genutzt werden sollte, nur der Verkehr leichter Fahrzeuge möglich war. Deshalb sei ein erheblicher Umweg nötig gewesen.
Im Kriegsfall würden zahlreiche bürokratische Hürden wegfallen, dafür aber kämen praktische Probleme hinzu: Ein großer Teil der Lastwagenfahrer hierzulande kommt aus Osteuropa. Es liegt nahe, dass sie im Kriegsfall in ihre Heimatländer ausreisen würden, um dort zu kämpfen. Hinzu kämen mögliche Probleme mit den Lieferketten, die alles bis hin zur medizinischen Versorgung betreffen könnten.