Was unterscheidet die FPÖ von der AfD?
Eric Miklin, Martin Dolezal und Reinhard Heinisch, drei in Österreich tätige Politikwissenschafter, haben für die Konrad-Adenauer-Stiftung aufbereitet, inwiefern sich FPÖ und AfD unterscheiden.
Kurz gefasst: Die FPÖ ist als Partei stabiler und reifer, die AfD eine Stufe radikaler, die Positionen der beiden Parteien unterscheiden sich aber nicht sehr.
Beide Parteien haben heute personelle Verbindungen zur rechtsextremen Identitären Bewegung, rechtsextremen Burschenschaften oder anderen rechtsextremen Organisationen.
Parallelen finden sich bei beiden Parteien auch im Hinblick auf ihre Unterstützung rechts-autoritärer Regierungen wie jener Ungarns oder ihre russlandfreundliche Haltung im Ukrainekrieg.
Insgesamt ist diese Radikalisierung bei der AfD aber weiter fortgeschritten.
Wo stehen die Parteien bei kulturellen Fragen auf dem Links-Rechts-Schema? Die AfD ist noch etwas weiter rechtsaußen als die FPÖ.
Und auch nicht unspannend: Die ÖVP steht ebenfalls weiter rechts als die CDU.
Die AfD positioniert sich seit 2013 mit deutlichem Abstand rechts außen.
Die – deutlich längere – Entwicklung der FPÖ ist von Phasen der Radikalisierung und De-Radikalisierung geprägt.
Vor allem in den 1990er Jahren grenzte sie sich stark von den übrigen Parteien ab. Zuletzt, d.h. bei den Nationalratswahlen 2017 und 2019, waren die programmatischen Unterschiede zur ÖVP jedoch minimal.
Bei einem direktenVergleich mit der AfD zeigt sich, abgesehen von 2013, jedoch erneut eine etwas gemäßigtere Positionierung der FPÖ.
Die Einstellungen der AfD und der FPÖ zu Migration wird von Expert:innen quasi ident eingeschätzt. Hier passt also kaum ein Blatt Papier zwischen die Parteien:
Beide Parteien werden auch als ähnlich populistisch eingestuft.
Eine detaillierte Studie im Zusammenhang mit den populistischen Orientierungen der beiden Parteien zeigt jedoch, dass zwar beide Parteien für sich reklamieren, den Willen eines vermeintlich homogenen Volkes zu repräsentieren, das „Volk“ selbst dabei aber durchaus unterschiedlich definieren.
So bezieht sich die AfD in ihren Parteiprogrammen explizit auf das deutsche Staatsvolk, das als stark beschrieben wird und sich mit dieser Stärke (z.B. durch direktdemokratische Elemente) gegen die Gängelung durch Eliten zur Wehr setzen muss.
Im Kontrast dazu bleibt die Definition des Volkes bei der FPÖ (bewusst?) vage (d.h. es bleibt offen, wer letztendlich zum österreichischen Volk gehört) und es wird eher als Opfer beschrieben, dessen Identität und Wohlstand durch internationale wie nationale Kräfte bedroht ist und das unfair behandelt wird.
Das Conclusio:
Insgesamt kann die AfD als radikaler eingestuft werden.
Dies gilt im Hinblick auf ihre inhaltlichen Positionen auf der kulturellen Links-Rechts-Achse, aber auch bezüglich der personellen wie organisatorischen Nähe der beiden Parteien zum manifesten Rechtsextremismus.
Während sich diese Nähe bei der FPÖ vor allem durch individuelle Kontakte zu oder individuelle Mitgliedschaften in als rechtsextrem eingestuften Organisationen zeigt, gelten bei der AfD laut Verfassungsschutz ganze Landesverbände oder einzelne Parteiflügel selbst als rechtsextrem – und die Bundespartei zumindest als Verdachtsfall.
Auch innerhalb des Parteiensystems nimmt die AfD eine radikalere Position im Vergleich zu anderen Parteien ein, was auch in den unterschiedlichen Positionen von CDU und ÖVP begründet ist.
Letztere hat sich der FPÖ auf der kulturellen Konfliktdimension insgesamt sowie bei deren Kernthemen Migration (stark) und EU (teilweise) angenähert.
Ansätze in diese Richtung sind zuletzt aber auch bei der CDU (und noch stärker bei der CSU) zu beobachten.
Was heißt das für die anderen Parteien?
Es zeigt sich aber, dass in Österreich weder die inhaltliche Annäherung an Positionen der FPÖ noch ihre Einbindung in Regierungsverantwortung eine nachhaltige Schwächung bzw. Mäßigung der Partei zur Folge hatte.
Umgekehrt konnte aber auch der klare Ausschluss einer systematischen Zusammenarbeit mit der AfD in Deutschland bei zuletzt ebenso schrittweiser Annäherung in der Migrationspolitik deren Aufstieg bisher nicht verhindern.
In Anbetracht der jüngsten Erfolge der AfD insbesondere bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen bei gleichzeitigen Erfolgen des Bündnis Sahra Wagenknecht als migrationskritische, aber ökonomisch links positionierte Abspaltung der Linkspartei, stellt sich zudem die Frage, inwieweit bzw. wie lange die bisherige Abgrenzung in Deutschland auch in Zukunft halten wird.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie legen nahe, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD im Vergleich zur FPÖ sowohl schwieriger als auch umstrittener wäre.
Erstens ist die AfD inhaltlich und personell eine Stufe radikaler als die FPÖ.
Zweitens ist zumindest Stand heute die „Hauptkandidatin“ für derartige Kooperationen, die CDU, in kulturellen Fragen deutlich weniger rechts positioniert als die ÖVP.
Drittens erhöhen nicht zuletzt auch die großen regionalen Unterschiede bzgl. Erfolg und Radikalisierung bei der AfD das Konfliktpotential, da sowohl die elektoralen Anreize als auch die faktische Notwendigkeit einer Kooperation mit ihr zwischen Ost- und Westdeutschland stark divergieren.