Über die Entwicklung der Kriminalität in Österreich: Einige Datenstränge
Bei den 10- bis 14-Jährigen hat sich die Zahl der Anzeigen in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Auch bei den 14- bis 18-Jährigen ist die Zahl jener, die etwas angestellt haben, deutlich gestiegen.
Sagt Innenminister Karner im Falter-Interview. Hier zur Bestätigung noch die genauen Zahlen, die der Standard recherchiert hat:
Von 2013 bis 2022 hat sich die Summe der jährlichen Tatverdächtigen im Alter von zehn bis unter 14 Jahren von 4821 auf 9543 nahezu verdoppelt. Ein satter Anstieg – von 24.800 auf 33.964 – zeigt sich auch bei den Jugendlichen von 14 bis unter 18 Jahren.
Wieder Karner im Falter:
Auffällig ist dabei, dass es oft Jugendliche sind, die im Jahr 2022 – dem Jahr mit den meisten Asylanträgen – aus den Flüchtlingslagern der Türkei oder des Libanon gekommen sind. In diesen Lagern setzt sich nur der Stärkere durch. Viele dieser Jugendlichen haben zudem weder Lesen noch Schreiben gelernt, ihre Chancen sind enorm eingeschränkt. Es ist also jene Gruppe, die wir am intensivsten betreuen, der wir auch klar die Grenzen aufzeigen müssen. Vergangene Woche wurde daher im Bundesrat beschlossen, dass wir den Tagsatz, den NGOs wie Volkshilfe und Rotes Kreuz für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge erhalten, erhöhen – von bisher 85 auf 115 Euro. Wer hat dagegen gestimmt? Die FPÖ, die damit einmal mehr gegen die Sicherheit ist.
Falter-Chefredakteur Florian Klenk:
Im Jahr 2013 gab es 85.000 ermittelte Tatverdächtige aus dem Ausland und 174.000 aus dem Inland. 2023, zehn Jahre später, haben wir 150.000 ermittelte Tatverdächtige aus dem Ausland, das ist fast doppelt so viel.
Freilich ist bei diesen Vergleichen immer relevant, ob die Art der Zählung verändert wurde bzw. ob heute strenger oder besser ermittelt wird als früher.
Der Standard hat etwa die Zahl der Verurteilungen recherchiert, die nicht darauf hindeutet.
Sehr wohl gibt es aber Erkenntnisse über die Jugendlichen bis unter 18 Jahren – und da zeigt sich ein gegenläufiger Trend. Seit 2013 bis 2022 ist die Zahl der rechtskräftigen Verurteilungen von 2.248 auf 1.679 gesunken. Der Anteil der jugendlichen Fälle an allen Verurteilungen insgesamt ist damit im Wesentlichen konstant.
Allerdings bedarf auch diese Statistik eines Beipacktexts. Denn als Alternative steht der außergerichtliche Tatausgleich als gelinderes Mittel zur Verfügung. In derartigen Fällen liegt sehr wohl ein Delikt vor, nur wurde von einer formellen Verurteilung abgesehen.
Rechnet man solche Diversionen mit den Verurteilungen zusammen, ergibt sich folgende Bilanz: Mit knapp 7.000 Fällen lag das Ausmaß 2022 niedriger als in den fünf Jahren davor (bis zu 8.200 Fälle), jedoch um rund 900 höher als 2014.
Wer über einen Text stolpert, in dem alle diese Statistiken einmal umfassend für Österreich aufbereitet werden, bitte melden.
Dieser Text im Standard aus 2022 ist ein Anfang:
Bei einigen – nicht ganz unwesentlichen – Delikten nahm die jährliche Anzahl in der vergangenen Dekade besonders stark ab. So gab es 2012 noch fast 3600 Anzeigen wegen Raubes, 2021 nur noch 1780. Das entspricht einer Halbierung binnen zehn Jahren. Ähnlich sieht es bei Haus- und Wohnungseinbrüchen aus: Waren es im Jahr 2012 rund 15.000, gab es 2021 nur noch 4700. Die extrem niedrige Zahl des Vorjahres hat zwar wegen der Corona-Lockdowns nur begrenzte Aussagekraft. Doch auch im Vor-Pandemie-Jahr 2019 hatte sich die Zahl mit 8800 im Vergleich zu 2012 schon fast halbiert. Autodiebstähle gingen innerhalb der Dekade sogar von 3800 um zwei Drittel auf knapp 1200 zurück. Und die Eigentumskriminalität insgesamt sank von 237.000 auf 109.000 Straftaten. Warum aber gehen das persönliche Sicherheitsempfinden und die tatsächliche Bedrohungslage so auseinander?