Ich habe mich mit Daten der ÖAK (Österreichische Auflagen-Kontrolle) gespielt. Print hat in Österreich im internationalen Vergleich noch überproportional Relevanz, verliert diese aber zunehmend.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es sich nicht mehr lohnt, Zeitungen zu drucken und vor allem zu verteilen, was besonders viel kostet.
Die Auflage des Profil hat sich in zehn Jahren mehr als halbiert. Dass ausgerechnet das Magazin, das am stärksten an Print-Auflage verliert, Online so vernachlässigt hat, wird ihm wohl zum Verhängnis werden - außer Eigentümer finanzieren die Verluste.
Standard, NÖN, Presse und Kurier haben sich in ihrer Auflage mit -42 bis -44 Prozent nahezu halbiert. Vor allem Zeitungen die sich eher an Akademiker:innen richten, wie Profil, Standard und Presse, verlieren massiv an Print-Auflage und -Abos.
Die verkauften Auflagen sind teilweise noch stärker zurückgegangen.
Die Print-Abos sind etwas langsamer, aber trotzdem rapide gesunken.
Der absolute Vergleich ist dramatisch.
2013 hat der Standard im Schnitt noch 68.000 Zeitungen am Tag verkauft. Heute sind es 36.000. Die Presse verkaufte 71.000 Stück, jetzt 40.000. Das Profil 68.000, jetzt nur mehr 27.000 Stück am Tag.
Bei den Print-Abos sind die Verluste kleiner. Aber es ist erstaunlich, wie wenige Print-Abos vermeintlich große Medien mittlerweile haben. Der Standard und die Presse haben nur mehr 33.000, der Kurier 72.000, das Profil gar nur 22.000.
Werfen wir noch einen Blick auf die Media-Analyse (MA). Hier geht es nicht um nackte Auflagen-Zahlen, sondern um eine (theoretische) Reichweite: Menschen, die sagen, dass sie die Zeitung lesen.
Während die verkaufte Print-Auflage des Standard um 46 Prozent gesunken ist, ist die Reichweite laut MA um 25 Prozent gestiegen. Hier ist klar, dass die Teilnehmer:innen der Umfrage das Lesen der Website als Lesen der Tageszeitung verstehen.
Auch bei der Presse wird ein Rückgang von 44 Prozent in der Auflage zu einem moderaten Minus von 11 Prozent bei der Reichweite. Bei den anderen Medien gibt es keine so großen Diskrepanzen, am ehesten noch bei der OÖNachrichten.
Eine relevante Zusatzinformation der MA ist aber die Altersverteilung. Ich klammere hier den Standard aus der Analyse aus, weil wohl sehr viele jüngere Standard-Leser fälschlicherweise angeben, dass sie die Print-Zeitung lesen würden.
Aber schon beim Blick auf die Presse zeigt sich, dass man die jüngeren Altersgruppen in der Media-Analyse vergessen kann. Denn die Reichweite der Presse sinkt mit der Ausnahme der Gruppe 70+ sonst vor allem bei den älteren Leser:innen. Unplausibel!
Die Werte für ältere Leser:innen sind aber interessant. Bei den Menschen von 30-50 ist der Anteil der Menschen, der zur Tageszeitung gegriffen hat, um ein Drittel bis zur Hälfte gesunken. Aber auch bei 60+ gibt es ein sattes Minus, bei 70+ ein Plus.
Auch die Altersverteilung der Kurier-Print-Leser:innen schwappt nach rechts.
Dasselbe Bild gibt es bei der Kleinen Zeitung.
Bei der Altersverteilung des Profil ist es nicht so schlimm, aber hier zeigt sich gerade der enorme Verlust von Reichweite und Relevanz in den vergangenen 10 Jahren.
Der Falter ist das einzige der großen Medien, die ich mir angeschaut habe, die einen realistischen Zugewinn bei der Print-Reichweite erreicht haben. Dem Falter gelingt es mit Print, ein vornehmlich junges Publikum zu erreichen - Respekt!
Schauen wir uns am Ende noch Daten der Österreichischen Web-Analyse (ÖWA) an. Zeitungen verlieren an Print-Reichweite und gewinnen online massiv dazu. Die Presse ist hier im 10-Jahres-Vergleich eine Ausnahme.
Weil die Daten der ÖWA ab November 2021 nicht mehr vergleichbar sind, habe ich den Oktober 2021 mit dem Oktober 2011 verglichen.
Das Profil hat ähnliche Zuwachsraten wie die anderen Medien, bei Unique Clients und Page Impressions sogar etwa größere als derstandard.at. Wer aber glaubt, dass das Profil seine Print-Verluste durch Online ausgleichen konnte, irrt gewaltig.
Hier ein Vergleich einiger Medien: Wie viel Zeit verbringen die Leute dort?
Die Werte von Profil und Falter kann man hier kaum erkennen. Um es besser vergleichen zu können, habe ich die fünf größten Medien aus der Grafik genommen.
Fairerweise muss man dazu sagen, dass der Vergleich von Tageszeitungen und Wochenzeitungen bei Visits oder Verweilzeit mehr als hinkt.
Der Falter hat keine erfolgreiche Website, aber dafür eine sehr erfolgreiche Newsletter- und Podcaststrategie.
Für Podcasts gibt es in Österreich keine offizielle Stelle, die die Reichweite misst. Ich habe aber mal selbst die Anhörzeit von Erklär mir die Welt im November berechnet.
Der Podcast hatte ungewöhnlich niedrige 104.000 Downloads im November. Die Anhörrate liegt im Schnitt bei 60%, eine Folge dauert im Schnitt 45 Minuten.
Das heißt, die Menschen haben etwa 47.000h lang Erklär mir die Welt gehört. Auf Profil.at waren sie 36.720h und auf Falter.at 42.134h.