Stehen Menschenrechte mit der Demokratie in Konflikt?
Eric Frey schreibt im Standard:
Souveräne Staaten haben das Recht, selbst zu entscheiden, wen sie zum Wohnen, Arbeiten oder Studieren ins Land lassen. Nicht aber bei Menschen, die Schutz vor Krieg oder Verfolgung suchen: Eine komplexe Struktur internationaler Verträge und nationaler Gesetze zwingt die Demokratien in Europa und Nordamerika dazu, allen Asylwerbenden, die einmal nationalen Boden betreten hat, die Chance zu geben, ihre Ansprüche in einem ordentlichen Verfahren zu beweisen.
Diese Rechtsordnung wurde nach 1945 unter dem Eindruck des Holocaust geschaffen, dem unzählige Jüdinnen und Juden nicht entkommen konnten, weil kein Land sie aufnahm. Genfer Flüchtlingskonvention, Europäische Menschenrechtskonvention, EU-Asylrichtlinien und entsprechende US-Gesetze sollen verhindern, dass sich diese Tragödie wiederholt. Jahrzehntelang hat das gut funktioniert: Die Zahl der Asylwerbenden war klein.
Wer das Migrationsproblem allein von der menschenrechtlichen Seite angeht, wie es immer noch viele Grüne, NGO-Vertreter und Expertinnen tun, ebnet den Weg für Wahlsiege von Donald Trump, Marine Le Pen und Herbert Kickl. Übernehmen diese die Macht, dann bleibt von der nach 1945 geschaffenen humanitären Rechtsordnung gar nichts mehr übrig. Und dann geraten auch Klimaschutz, Minderheitenrechte, die europäische Integration und letztlich alle demokratischen Normen unter die Räder. Angesichts der globalen Fluchtbewegungen stehen Menschenrechte und Demokratie miteinander in einem bedrohlichen Konflikt.